Konzert-Reisebericht Airwaves Festival Reykjavík 2010 (Donnerstag 14.10.2010)

Für den heutigen Tag war unser Konzertkalender gut gefüllt mit Bands, die wir uns vorgenommen hatten.  Zum Glück spielten viele Musiker tagsüber noch in sog. off-Venues (kleine Restaurants, Buchläden, Schwimmbad, CD-Shops, Coiffeur-Laden usw.)  sodass man sich noch viiiel mehr Konzerte ansehen konnte…

sodann am Donnerstag um 14.00 Uhr:
Pål Moddi Knutsen (NOR): - Nordic House (off-venue)
(http://www.myspace.com/moddimusikk)

Moddi @ Nordic House

Der Saal des Nordic Houses erinnerte etwas an eine Schul-Aula. Es stand ein Piano drin und bot viele Sitzplätze. Diese waren schon gut besetzt, als wir nach gut 20 minütigem Fussmarsch angekommen waren. Sicher; viele waren extra wegen Pål Moddi Knutsen gekommen – einige waren aber einfach sitzengeblieben. Zuvor hatte Ólafur Arnalds gespielt.
Obwohl  „Moddi“, der junge, blond-zauslige Norweger noch nie am Airwaves gespielt hatte, schienen ihn viele Leute zu kennen. Es mag daran liegen, dass er sein Album „Floriography“ mit dem Isländischen Produzenten Valgeir Sigurðsson in dessen Studio aufgenommen hatte.
Da wir Pål Moddi Knutsen bis anhin immer im Duo mit der Cellistin Ofelia Østrem Ossum gesehen hatten, waren wir gespannt, wie seine Musik in dieser „Gross“-Besetzung wirken würde. Er begann mit dem Song „Ardennes“ mit Akkordeon, dazu kamen: Bass, Percussion, Geige & Cello. Es war absolut still im Raum. Einzig das Klicken der Foto-Apparate und das Zippen der Klettverschlüsse der Winterjacken waren neben der Musik zu hören. Die Songs gewannen aufgrund der Instrumentierung an Dichte, ohne die Intimität der Stücke zu verlieren.  Nach gut 40 Minuten war das Konzert schon zu Ende und wie im Nordic House anscheinend üblich, hatte sich Pål den Fragen des Publikums zu stellen. Es kamen aber relative wenige, spannende Fragen, sodass dann schon die Umbauten für das nächste Konzert begannen.
Da Pål und Band auch schon bald weiter mussten, hatten wir nur kurz Zeit „Hallo“ zu sagen und ein paar Worte zu wechseln. Er selber war über seinem Auftritt nicht ganz zufrieden. Es sei sehr hektisch gewesen; sie seien kaum in Island gelandet – schon mussten sie für dieses Konzert auf die Bühne – und jetzt schon gleich weiter zum nächsten Soundcheck.

Wir hatten etwas Zeit, gingen gemütlich dem See entlang zurück in Richtung Zentrum.
Da wir noch mit Biggi, (Birgir Örn Steinarsson) dem Sänger, Gitarristen einer meiner ersten Isländischen Lieblingsbands „Maus“ abgemacht hatten ging’s auf ein Bier ins „Kaffibarinn“.

Danach weiter…

Nóra (IS): - Bókabúð Máls og menningar (off-venue)
(http://www.myspace.com/noraband)

Nóra @ Bókabúð Máls og menningar

Die junge Band Nóra hatten wir im Sommer zufällig Live in einem kleinen Restaurant in Isafjordur gesehen. Ihre Musik erinnert teilweise etwas an Arcade Fire hat aber dennoch eine sehr Eigene, typisch Nordische Komponente. Ihr erstes Album „Er einhver að hlusta?“ hatten wir uns damals gleich gekauft. Die 5-köpfige Band um die Geschwister Egill Viðarsson (Gesang, Gitarre, Keyboards) und Auður Viðarsdóttir (Gesang, Keyboards) hatte eben erst begonnen, sodass wir in den Genuss des ganzen Konzertes kamen. Das Ambiente der Buchhandlung (welche „normal“ geöffnet hatte) war speziell. Jedoch kaum jemand schien sich noch für Bücher zu interessieren; die junge Band begeisterte neben den Musik-interessierten auch die Lese-Ratten.

Danach weiter…
Steindór Andersen & Hilmar Örn Hilmarsson (IS):  - 12 Tónar (off-venue)
(http://www.youtube.com/watch?v=0O3MoikBV90)

Steindór Andersen & Hilmar Örn Hilmarsson @ 12 Tónar

Der Fischer und Bootskapitän Steindór Andersen, mag einigen aus dem Film „Screaming Masterpiece“ oder auch sonst durch seine Zusammenarbeit mit Sigur Rós bekannt sein. Sein Stil „Rímur“ (eine Art Sprechgesang in dem Reime und Gedichte vorgetragen werden) existiert seit dem 14 . Jahrhundert und wir auch heute noch von jungen Isländischen Bands in moderne Sound eingebunden.
Musikalisch untermalt wurden seine „Rímur“ durch Hilmar Örn Hilmarsson, der schon diverse Auszeichnungen für von ihm komponierte  Filmmusiken erhielt.
Der kleine (aber Feine) Plattenladen schien aus allen Nähten zu platzen. Es war klar; hier sind zwei Grössen der Isländischen Musikszene am Werk. Leider nur durch die Türe – mit einem Fuss noch im Lokal konnten wir der Vortragung zuhören und dennoch lauschten wir wie gebannt diesem Stück Isländischer Kultur.  Grossartig!

Da wir gerade noch etwas Zeit hatten…
Pål Moddi Knutsen (NOR):  -  Bókabúð Máls og menningar (off-venue)
(http://www.myspace.com/moddimusikk)

Moddi @ Bókabúð Máls og menningar

Auch hier wieder; der zasulige Norweger und seine Band liessen die Anwesenden schnell vergessen, dass man sich in einem Buchladen befindet. Das Publikum war begeistert.

Unser Plan für den Abend sah dann vor, die Bands Kimono und Reykjavik! im Club “Nasa” zu sehen. Da sich am Vorabend eine lange Schlange vor dem Eingang zum Club gebildet hatte, wollten wir etwas früher dort sein und wurden begeistert von:

Fist Fokkers (IS): - Nasa

(http://www.youtube.com/watch?v=cmPC-Qvvx88)
(http://www.myspace.com/fistfokkrock)

Fist Fokkers @ NASA

Kaum waren wir (noch viel zu früh um Kimono zu sehen) im Nasa, wurden wir durch den Auftritt eines absolut energie-geladenen Duos überrascht. Kurz im Programmheft nachgeschlagen:  die Band heisst “Fist Fokkers”. Die 2 Jungs, ( Úlfur – Gitarre, Gesang und Kári – Schlagzeug) die ihren nackten Oberkörper mit leuchtenden “Lämpli” schmückten legten sowas-von-los, wir waren begeistert!
Úlfur sang, schrie, räusperte und gab sonst noch Geräusche aller Art von sich, streichelte und schlug seine Gitarre fast gleichzeitig. Grossartig. Beim letzten Song tauchte dann noch eine Bläsergruppe auf der Bühne auf (in gebügelter Uniform, wie wir’s von den Musikvereinen kennen) dieser Mix liess das Ganze noch kurioser wirken.
Noch das Pfeifen in den Ohren ging’s dann fast nahtlos weiter:

Kimono (IS): - Nasa

(http://www.myspace.com/kimono)

Kimono @ NASA

Die Kanadisch-Isländische Band Kimono konnten wir schon wärend unserer Sommerferien bei einem Konzert im Sódóma entdecken. Also freuten wir uns, diese zum zweiten Mal live in Island zu erleben. Die drei Musiker: Alex – Gesang, Gitarre, Gylfi – Gitarre, Bass, und Kjartan machen grossartige, gitarrenlastige Rockmusik. Wen ich wünschen könnte, müssten sie (nur meine Meinung) zusätzlich einen Sänger finden, denn Sänger Alex ist mit dem anspruchsvollen Gitarrenspiel genügend ausgelastet, wodurch die Sänger-und Frontmann Figur etwas fehlt.

Dann kurzer Umbau für…

Reykjavík! (IS): - Nasa
(http://www.myspace.com/reykjaviktheband)
(http://www.myspace.com/reykjaviktheband/videos/video/106862166)

Reykjavík! @ NASA

Ein Blick nach hinten genügte, um zu wissen, dass der Club jetzt wieder absolut voll war.
Kaum hatten die sechs Musiker ihre Instrumente umgehängt und eingestöpselt überrollte eine Sound- und Energie-Welle das ganze Lokal. Vom ersten Ton an hatte diese Band das Publikum fest im Griff. Frontmann-, Hauptsänger- und Publikumsspringer Bóas, peitschte die Menge an, sprang in das Publikum, riss die Leute der vorderen Reihen mit sich, streckte ihnen das Mikro hin mit der Aufforderung reinzuschreien. Das ganze in einer Lautstärke die hiesige Konzertveranstalter erschaudern liesse.
Als es plötzlich still wurde, wurde uns erst bewusst – 45 Minuten sind um, das Konzert zu Ende. Schade!!! So schnell können 45 Minuten vergehen. Wir hatten Reykjavík! bisher schon ab CD gekannt – aber live ist’s nur grossartig. Insbesondere die zwei neuen Songs, “Internet” und “Cats” die noch nicht auf einem Album vertreten sind, werden sicherlich noch lange zu unseren Highlights zählen.

Zeit für einen erneuten Stilbruch und draussen den Ohren etwas Ruhe zu gönnen…

Nive Nielsen & the Deer Children (GL): - Hemmi & Valdi (off venue)
(http://www.myspace.com/nivenielsen)

Nive Nielsen @ Hemmi & Valdi

Die charmante Grönländerin Nive Nielsen und ihr Freund Jan de Vroede, durften wir schon wärend ihrem Konzert am diesjährigen OpenAir St. Gallen persönlich kennenlernen. Klar also, dass wir in’s kleine, heimelige Hemmi & Valdi Lokal gingen um sie erneut live zu sehen.
Zeitlich etwas knapp und leicht erkältet (sowas kann auch nur einer Grönländerin passieren – sie hatte sich zuvor in Kalifornien erkältet :-)  ) machten sich die fünf Musiker daran, ihre kleines Eck so einzurichten, dass jeder noch so knapp Platz hatte. Da das Lokal für nur ca. 50 Leute Platz bot, war es schnell sehr voll – was man auch an den schwitzenden Fenstern unschwer erkennen konnte.
Sängerin/Gitarristin Nive begrüsste das Publikum mit einem scheuen: “hi, we are Nive Nielsen and Band and we’re from Greenland. Nice to see you here”. Mit ihrem vielseitig inspirierten Mix aus Pop, Folk, Country und Indie-Elementen hatten sie das Publikum schnell begeistert. Es war spannend, nach dem Auftritt auf der Sternenbühne (die ja, obwohl die kleine OpenAir-Bühne, doch recht gross ist) die Band in diesem intimen Rahmen zu erleben. Ein weiteres Konzert dass sehr viel Freude machte.

Dann wieder zurück in Richtung Zentrum…

Harry’s Gym (NOR): - Sódóma
(http://www.myspace.com/harrysgym)

Harry’s Gym @ Sódóma

Die Band aus Oslo war uns gänzlich unbekannt. Beim durchgehen der Bands hörten wir vorab in einige ihrer Songs und beschlossen, dass wir, wenn nichts dazwischen kommt, uns die Band ansehen möchten. Die Frontfrau Anne Lise Frøkedal und ihre drei Norwegischen Mitmusiker spielten einen gefallenden Mix aus härteren Rockgitarren mit poppig, eingängigen Melodien. Da wir aber an diesem Tag schon so viel Musik gehört hatten, war aber die Aufmerksamkeit leider etwas geschwunden und wir beschlossen, dass dies unser letztes Konzert für diesen Abend (obwohl mittlerweile war es schon früher Freitagmorgen) sein sollte.

(Bericht: Roger Rey; Fotos: Anita Steck)

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