Interview mit Høgni Lisberg

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In St. Gallen ist der Färinger Høgni Lisberg so etwas wie ein Szenestar. Der 24-jährige Singer/Songwriter macht mit Kostproben seines Soloalbums in der Ostschweiz Halt.

Høgni Lisberg, ich rufe Sie auf Ihrem Handy an. Sind Sie bereits in der Schweiz?
Høgni Lisberg: Nein, leider nicht. Ich bin gerade in meiner Wohnung in Kopenhagen und mache mich bereit für meine Kurztournée in die Schweiz.

In St. Gallen hat für Sie ja die Erfolgsgeschichte Ihrer Musik in der Schweiz begonnen. Das verbindet vermutlich?
Lisberg: Ja, schon. Inzwischen habe ich einige Freunde dort. Ich sehe St. Gallen als meine Heimat in der Schweiz. Es muss wohl eine fast mystische Verbindung zwischen den Färöer-Inseln und St. Gallen geben. Es ist erstaunlich. Gewisse Dinge funktionieren nur an bestimmten Orten, während sie an anderen Orten unbeachtet bleiben. St. Gallen hat ein bestimmtes Sensorium für meine Musik. Anders kann ich mir das nicht erklären.

Was war eigentlich Ihr erster Eindruck von St. Gallen?
Lisberg: Ganz ehrlich? Es hat mich an eine dänische Insel erinnert. Die Insel heisst Bornholm und ist nur mit der Fähre zu erreichen. Dort gibt es auch Hügel, Wälder und Wind. Bornholm erinnert mich immer an die Färöer-Inseln, also gibt es irgendwie auch eine geographische Verwandtschaft.

Auch eine menschliche Verwandtschaft?
Lisberg: Wie die Färöer sind die St. Galler, soweit ich das beurteilen kann, erdgebunden. Sie sind nicht abgehoben und entspannt.

Entspannt? Die Stadt hat in der Schweiz nicht gerade diesen Ruf.
Lisberg: Doch, doch. Ich bin sehr leicht in Kontakt gekommen mit den verschiedensten Leuten und sie waren sehr offen. Verglichen mit anderen Konzertorten ist St. Gallen sehr entspannt.

Wie sehen Sie die Stadt auf den zweiten und dritten Blick?
Lisberg: St. Gallen bedeutet für mich Europa. Kopenhagen ist sehr schnell gewachsen, eine moderne, irgendwie schmucklose Stadt. Eine Stadt mit wenig Geschichte. St. Gallen hat für mich stets etwas Mittelalterliches. Verstehen Sie mich richtig, ich meine dies mit Blick auf die Architektur. Ich spüre die europäische Geschichte.

Sie spielen fünf Konzerte in der Schweiz. Welchen Høgni Lisberg wird das Publikum zu hören bekommen?
Lisberg: Ich werde solo auftreten, also nicht wie beim Nordklang-Festival, wo ich mit Band spielte. Und ich werde neues Material ausprobieren. Ich bereite mein drittes Album vor und möchte sehen, wie das Publikum auf meine neuen Songs reagiert.

Mögen Sie Soloauftritte?
Lisberg: Inzwischen ja. Anfangs hatte ich das Gefühl, nach 20 Minuten langweilig zu sein. Aber ich bin selbstsicherer geworden. Ich mag die Intimität und die Möglichkeit, nach Lust und Laune improvisieren zu können.

Können Sie von der Musik leben? In der Schweiz gibt es wenige, die allein von der Musik existieren.
Lisberg: Nein, ich habe einen Job. Ich arbeite in einem grossen Geschäft für Büroartikel. Wir sind etwa 40 Angestellte; deshalb habe ich die Möglichkeit, mein Pensum an die Termine für die Musik anzupassen. Möglicherweise könnte ich allein von der Musik leben, aber dann müsste ich Konzerte spielen, die ich schlicht nicht will.

Zum Beispiel an Hochzeiten auftreten?
Lisberg: Ich würde nie mit meiner Gitarre und meinen Songs an Hochzeiten auftreten. Aber ich bin ja ursprünglich Schlagzeuger und spiele so fünfmal pro Jahr an Hochzeiten. Nur so als Gastmusiker ist das sogar richtig spassig.

Sie und Teitur sind die musikalischen Aushängeschilder der Färöer- Inseln. Kennen Sie sich und haben Sie sich gegenseitig inspiriert?
Lisberg: Natürlich kenne ich Teitur, aber zu behaupten, wir hätten uns gegenseitig inspiriert, wäre falsch. Die Band Clickhaze, in der ich Drummer war, und Teitur waren auf den Färöern sehr bekannt. Dann verliess Teitur die Insel, und wir hörten lange nichts von ihm; bis er bei Universal einen Vertrag bekam und sein erstes Album «Poetry und Aeroplanes» herausbrachte. Das war einige Monate, bevor ich mein erstes Album veröffentlichte. Unsere Gemeinsamkeit ist unser Heimatland, das uns geprägt hat.

Eine letzte Frage. Wenn Sie sich nun eine Duettpartnerin für Ihre Tour in die Schweiz aussuchen könnten. Wer würde das wohl sein?
Lisberg: Hm. Warten Sie, ich muss kurz meine CD-Sammlung durchsehen. Tracy Chapman. Das würde sicher Spass machen.

Interview: Michael Hasler

(Quelle: Tagblatt vom 22.11.2007)

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